Re: Ghosting

Ich habe dir ja immer schon mal in diesem nun doch völlig aus der Zeit gefallenen Forum geantwortet, und so lange es das noch gibt, werde ich das auch weiterhin zumindest versuchen.

Du schreibst u.a.:

> Mir ist klar dass ich das Problem bin. Jeder der es auf längere Zeit mit mir zu tun hat, hat irgendwann keine Lust mehr. Das war schon immer so, das wird immer so sein.

Ich denke, du bist ein Kind unserer Zeit, und da leidet der eine mehr und der andere weniger an den speziellen Symptomen, die die Durchdringung des Lebens durch das I-Net mit sich bringt. Durch die irrsinnigen Möglichkeiten, interessante und belebende Kontakte zu finden, übrigens auch im richtigen Leben, kommt es jedenfalls bei mir schnell zur Übersättgung und letztlich auch zu einem Gefühl der Überforderung, die ich mir natürlich selbst eingebrockt habe.

In überschießender manischer Begeisterung, getrieben durch ein Interesse an anderen Menschen, das eigentlich nichts weiter ist als Neugier, gehe ich auf andere zu, auch aktuell immer wieder. Die zuweilen große Dichte der Interaktion weckt dann auf der anderen Seite Erwartungen, die ich nicht erfüllen kann, und wenn ich das merke, ziehe ich mich zurück. Manchmal gibt’s dazu eine Rückmeldung („das wird mir jetzt zu viel“), manchmal auch nicht, wenn ich nämlich befürchten muss, dass das Gegenüber klammern oder für mich unerfreuliche Diskussionen auslösen wird. Es liegt aber eben nicht, und darauf will ich hinaus, am Gegenüber, also ob er mich langweilt oder ob er ein Psycho ist oder so, sondern an falschen Erwartungen an die Dauerhaftigkeit des Kontaktes oder sogar Nähe, die ich offenbar geweckt habe. Ghosting ist dann also meine kraftsparende Rückfallposition. Und ich denke keineswegs darüber nach, wie es dem anderen, dem Geghosteten, damit wohl gehen mag.

Ich selbst leide nicht darunter, auf diese Weise ignoriert oder geradezu abserviert zu werden, weil ich bei mir den Ball emotional flach halte. 24 Jahre Jungsforum haben mich durchaus gelehrt, oft gegen eine Wand zu schreiben, auch wenn ich manchmal tagelang an einem Text gefeilt habe, der mich ausdrückt und der für jemanden bestimmt war, den ich mochte.

Gruß, Padjek